30.06.2021

#5 Fast dabei bei unserer Multischulung - Inklusion und Teilhabe

In der vorletzten thematischen Digital-Multischulung von Masifunde waren wir Teilnehmer:innen von Minute 1 mitten im Thema und in einem einprägsamen Experiment. Lest hier auf unserem Blog mehr dazu, was mir aus der Sitzung zum Thema “Inklusion und Teilhabe” besonders im Gedächtnis geblieben ist.

Bei der Juni-Schulung war ich angeschlagen von meiner zweiten Impfung (Juhuu) am Tag zuvor und war deswegen nicht so bei Sache wie sonst. Ich habe trotzdem gerne teilgenommen und einer der Vorteile einer digitalen Durchführung der Multischulung ist, dass ich keine lange Anreise hatte. Aus dem Bett ging es an den Laptop und dann mit viel Input wieder zurück. Ich hoffe trotzdem, dass ich euch auch unter diesen Voraussetzungen einen Eindruck von so einem wichtigen Thema wie “Inklusion und Teilhabe” weitergeben kann.

Unsere Referentin Lisa Hartke startete gleich thematisch in das Seminar, ohne, dass wir es direkt merkten. Es waren weniger Teilnehmer:innen dabei als sonst und sie erklärte uns, sie habe eine spontane Eingebung ihre Planung deswegen vielleicht umzuwerfen. Sie wolle uns in die Entscheidung mit einbeziehen und fragte uns, ob wir lieber erfahrungsbasiert diskutieren oder, ob wir “kognitiv” über ein Beispiel sprechen wollen. Wir sollten gemeinsam zu einer Entscheidung kommen. Ein paar Teilnehmer:innen begannen ihre Präferenzen darzulegen: Einigen ging es ähnlich wie mir - müde, sodass sie es bevorzugten, anhand eines konkreten Beispiels in die Diskussion zu starten, anderen stand der Kopf mehr danach, eigene Erfahrungen zu teilen und darüber zu sprechen, wann die jeweiligen Teilnehmer:innen sich als Teil der Minderheit oder der Mehrheit gefühlt haben. So richtig führten uns die Präferenzen aber nicht zu einem Ergebnis, einige hatten eine Tendenz, aber keiner drückte sie so stark aus, dass man daraus eine Entscheidung ziehen konnte. Also schlug eine Teilnehmerin vor abzustimmen. Die Mehrheit stimmte für die Diskussion anhand eines kognitiven Beispiels. Lisa teilte uns daraufhin zwei Breakout-Räumen zu - einen für die Mehrheit und einen für die Minderheit. Wir realisierten - wir befanden uns schon längst im Beispiel.

Ich gehörte zur Mehrheit, die für das kognitive Beispiel gestimmt hatte. In unseren getrennten Räumen diskutierten wir folgende Fragen, Frage zwei und drei natürlich im anderen Raum umgekehrt. Wie zufrieden seid ihr mit dem Ergebnis der Entscheidung? Wie war es Teil der Mehrheit zu sein? Wie seid ihr mit der Minderheit umgegangen?

Wir waren uns einig, dass keine:r von uns weder besonders zufrieden noch besonders unzufrieden mit dem Ergebnis war. Für mich persönlich lag es vor allem daran, dass mir die Entscheidung “kognitiv oder erfahrungsbasiert” nicht wichtig genug war, um eine starke Haltung zu entwickeln. Gleichzeitig hatte ich deswegen auch kein besonders “überlegenes” Gefühl als Teil der Mehrheit. Für mich ging es um eine pragmatische Entscheidung, es war kein emotionales Thema für mich und vielen in unserer Mehrheitsgruppe ging es ähnlich. Einige hatten aber ein Gefühl von schlechtem Gewissen bis Mitleid gegenüber der Minderheit, weil diese nicht die Methode durchführen konnte, die sie präferiert hatte. Generell denke ich, dass es deutlich stärkere Aussagekraft hat, wenn es um ein emotionaleres Thema geht - zumindest für die Mehrheitsgruppe. Aber wir merkten auch, dass wir recht ignorant mit der Minderheit umgegangen waren - die Entscheidung wurde einfach ohne weitere Diskussion hingenommen. Wir gaben der Minderheit keine Gelegenheit mehr, sich dazu zu äußern, ob es in Ordnung ist für sie.

Zurück in der großen Gruppen hörten wir dann, wie es der Minderheit bei dem Thema ging. Deutlich wurde, dass negative Gefühle im Spiel waren, die bei vielen vermutlich schnell entstehen, wenn man eine Abstimmung verliert. Gleichzeitig kam trotzdem ein Inklusionsgefühl auf, da ein eigener Raum für Austausch geschaffen wurde und so kein Gefühl von Abgrenzung entstand. Der Unterschied zu Inklusions-Fragen in der Gesellschaft: Der Raum, und damit Struktur für Inklusion musste nicht erst errungen werden. In der Gesellschaft sind Räume für Minderheiten im übertragenen Sinne nicht immer gegeben, sie müssen sich diese oft erkämpfen.

Wir haben noch über viele andere Aspekte diskutiert, aber das würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Aber ihr könnt selbst über etwas nachdenken, über das wir noch in einen regen Austausch gekommen sind.

Stellt euch vor, die Corona-Regeln werden gelockert. Eine Meinungsumfrage zeigt, die Mehrheit findet, dass die Lockerungen genau richtig kommen. Eine Minderheit glaubt, sie kommen verfrüht und eine noch kleinere Gruppe der Bevölkerung glaubt, sie kommen zu spät. Versetzt euch in die Situation der Mehrheit und überlegt, wie ihr mit einer der beiden Minderheitspositionen umgehen wollt. Überlegt jeweils konkrete Situationen wie beispielsweise: Ihr begegnet einer:m Vertreter:in der Minderheitsmeinung am Arbeitsplatz. Oder: Ein:e Vertreter:in der Minderheitsmeinung ist Mitglied eures engsten Freundeskreises. Oder: Ein:e Vertreter:in der Minderheitsmeinung wohnt mit euch im selben Haushalt zusammen.

Folgende Optionen habt ihr: 1. Die Minderheit aus der Gruppe entfernen. 2. Der Minderheit klarmachen, dass die Mehrheit am Ende entscheidet. 3. Die Minderheit übergehen. 4. Die Minderheit so handeln lassen, wie sie will. 5. Der Minderheit die Gelegenheit geben, die Mehrheit zu überzeugen.

Wie würdet ihr damit umgehen? Was spricht für welche Aktion? Wie verändert eure Beziehung zu den Anderen eure Entscheidung? In den Kommentaren zum Multischulungs-Post auf unserem Instagram-Kanal könnt ihr ins Gespräch kommen und diskutieren.

Im Juli schließen wir die Multischulung thematisch ab und sprechen über Konsum und Umwelt.

Die Masifunde Multiplikator:innen-Schulung wird vom Katholischen Fonds, Brot für die Welt und von der Doris-Wuppermann-Stiftung gefördert.

Autor:in

Rebecca Herber
PR & Friendraising
rebecca.herber@masifunde.de

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