30.10.2012

Bildungsmodul erfolgreich gestartet

In Deutschland absolviert Siphe in den kommenden Monaten nicht nur ein Praktikum bei unserer Partner-Organisation, der Evangelischen Stiftung Arnsburg, sondern führt auch die bereits seit mehreren Jahren erfolgreichen Bildungsmodule “Haltestelle Land am Kap” an deutschen Schulen durch. Nun startet also die erste Unterrichtseinheit des Bildungsmoduls "Haltestelle Land am Kap".

Nervosität scheint für die junge Südafrikanerin ein Fremdwort zu sein – und das, obwohl sie heute der Star an der Marienschule ist. Sie steht in einem Klassenraum, mehr als 30 gespannte Gesichter blicken ihr entgegen. Gemeinsam mit zwei Ehrenamtlichen von Masifunde wird sie hier die ersten beiden Einheiten des Bildungsmoduls “Haltestelle Land am Kap” durchführen. Der Besuch hat sich in der Mädchenschule, die von den Schönstätter Marienschwestern getragen wird, herumgesprochen. Viele Schülerinnen und auch einige Lehrkräfte und Schwestern haben sich in dem Klassenzimmer versammelt, um mehr über Südafrika zu erfahren – und über Siphesihle. Mit einem breiten Lächeln begrüßt die Psychologie-Studentin die Teilnehmerinnen, als sei es das normalste der Welt. “Ich komme nicht als Lehrerin, die Euch etwas erzählt. Ich bin hier, um mich mit Euch auszutauschen!” Unterhaltsam und fesselnd berichtet sie von der Apartheid in Südafrika. Dabei bindet sie die Schülerinnen mit interaktiven Lehrmethoden ein. Fakten, die viele der Teilnehmerinnen bereits aus den Schulbüchern kennen, werden durch Siphesihles Schilderungen lebendig. Der Irrsinn der Apartheid wird für die Mädchen spürbar, wenn Siphesihle zeigt, wie mithilfe eines Kugelschreibers, der in die Haare der Südafrikanerinnen und Südafrikaner gesteckt wurde, herausgefunden werden sollte, welcher Rasse sie angehören. “Das System war unfair. Ich würde mich ungerecht behandelt fühlen, könnte die Entscheidungen nicht nachvollziehen”, gibt eine Schülerin sichtlich ergriffen zu Protokoll. In zwei Unterrichtseinheiten vermittelte Siphesihle den Schülerinnen Wissen zur Geschichte und gegenwärtigen Situation Südafrikas.

Doch Siphesihle erzählt nicht nur von der bewegenden Vergangenheit der Regenbogen-Nation. Auf einem Foto zeigt sie ein kleines schwarzes Mädchen, dass freudestrahlend auf einer Schulbank sitzend einen weißen Jungen umarmt. Es ist die siebenjährige Siphesihle im Jahr 1995, am Tag ihrer Einschulung: “Mit Mandela und den ersten Wahlen kam die Wende – ein unbeschreibliches Gefühl!”. Seitdem habe sich das Land positiv entwickelt. Siphesihle erzählt von all den positiven Tendenzen, ohne dabei die vielen Probleme des Landes zu vernachlässigen. Die Schülerinnen hat sie nun auf ihrer Seite. Die persönlichen Erfahrungen der jungen Südafrikanerin brechen die Distanz, viele Mädchen wollen nun mehr über das Leben im Südafrika nach der Apartheid erfahren. Welche Rolle die Religion in Südafrika spiele, möchte eine Schülerin wissen. Ob sie denn nun auch weiße Freunde habe, fragt eine andere. Auf alle Fragen findet Siphesihle eine Antwort, die die Schülerinnen zum Nachdenken, zum Lachen oder einfach nur zum Verstehen einlädt. Das Klingeln der Schulglocke interessiert nun niemanden mehr. Viel wichtiger ist es für die Schülerinnen, einige Worte in isiXhosa, der Muttersprache von Siphesihle, zu lernen.

In Vallendar begegnen sich in diesem Moment zwei Kulturen auf Augenhöhe. Die Idee vom “Miteinander voneinander lernen” ist in diesen Stunden nicht nur eine Phrase – sie wird gelebt. Am Ende der Unterrichtseinheit erntet Siphesihle viel Lob. Alle sind begeistert, wie spannend das Bildungsmodul war. Für viele Jugendliche war die Unterrichtseinheit, die komplett auf englisch gehalten wurde, etwas ganz besonderes. Es kommt das Gefühl auf, dass viele von ihnen Südafrika nun mit ganz anderen Augen sehen. Für Siphesihle ist der Tag jedoch noch nicht vorbei. Die Schulleiterin führt sie durch das Schulgebäude. Eine fünfte Klasse, die gerade Musikuntericht hat, begrüßt sie mit einem Ständchen. Ein Physik-Kurs präsentiert stolz die Ergebnisse des gerade eben durchgeführten Experiments. Nach dem Mittagessen in der Schulmensa betritt Siphesihle energiegeladen wie zu Beginn des Tages den Klassenraum – eine zweite Reise durch das Land am Kap steht an – und wieder warten zahlreiche Schülerinnen, Lehrer und Lehrerinnen gespannt auf ihre Erzählungen…

Wir bedanken uns bei der Schönstätter Marienschule in Vallendar für ihre Gastfreundschaft und hoffen, dass alle genau so begeistert vom Tag waren wie wir. In den kommenden Wochen wird Siphesihle Masango noch weitere Schulen in ganz Deutschland besuchen. Unter anderem in Duisburg, Mainz und Berlin. Gefördert wird die Durchführung der Bildungsmodule mit Siphesihle Masango vom Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur des Landes Rheinland-Pfalz, vom Evangelischen Entwicklungsdienst (eed) und vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

Mehr Informationen zur entwicklungspolitischen Bildungsarbeit von Masifunde in Deutschland

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